Cannabis gegen Schmerzen vor dem Durchbruch
Das Bild von Cannabis und der daraus gewonnenen Produkte Marijuana und Haschisch ist nach wie vor geprägt von längst widerlegten Vorurteilen. Kaum ein Wissenschaftler glaubt mehr ernsthaft, dass Cannabis angeblich eine so genannte "Einstiegsdroge" für härtere Drogen wie Heroin darstellt. Auch das Suchtpotential von Cannabis wird in der wissenschaftlichen Literatur als "sehr gering" eingestuft, wie das Bundesverfassungsgericht 1994 feststellte - eine ausgeprägte körperliche Abhängigkeit von Cannabis ist gänzlich unbekannt. Leider ist das Bild in der überwiegenden Mehrheit der Bevölkerung noch von überholten und wissenschaftlich nicht mehr haltbaren Thesen geprägt.
Es ist längst bewiesen, dass eine Cannabis ähnliche im Gehirn natürlich produzierte Substanz dem Körper bei der Schmerzlinderung hilft und dem Wirkstoff werden noch andere, vielfältige therapeutische Vorteile zugeschrieben.
Anlässlich der 6. Österreichischen Schmerzwochen der Österreichischen Schmerzgesellschaft hat der Schmerzexperte Hans-Georg Kress, Leiter der Universitätsklinik für Anästhesie und Allgemeine Intensivmedizin am AKH Wien erneut die Bedeutung der pflanzlichen Cannabinoide in der Schmerztherapie hervorgehoben. Auch international sei in die Diskussion um die Verwendung dieser Substanzen in der Schmerztherapie Bewegung gekommen. Es gebe vor allem positive Signale aus der Schweiz und auch aus Italien.
Die italienische Regierung will Cannabis zu therapeutischen Zwecken legalisieren und dessen Verwendung für Menschen mit chronischen Schmerzen regeln. Die Schweizerische Multiple Sklerose-Gesellschaft begrüßte erst vor kurzem ausdrücklich den Vorschlag der nationalrätlichen Gesundheitskommission, Cannabis für medizinisch-therapeutische Zwecke zu legalisieren.Es ist allerdings anzumerken, dass es sich bei den Präparaten nicht um Cannabis, also Marihuana oder Haschisch handelt.
Bewährt haben sich nach Evidenz-basierten Untersuchungen Anwendungen von THC bei Krebs- und Palliativpatienten sowie bei anderen, nicht-palliativen ausgewählten Indikationen wie Multiple Sklerose, Spinaler Querschnitt und neuropathischen, also durch Nervenschädigung oder -reizung hervorgerufene Schmerzen, bei entzündlichen Erkrankungen des Darmes, neurodegenerativen Erkrankungen, zentralen Bewegungsstörungen wie Multipler Sklerose, der Tic-Krankheit Tourette-Syndrom. Daneben hat sich die Anwendung in der Palliativmedizin bei der Behandlung von Therapie-ausgelöster Übelkeit oder Erbrechen, Appetitlosigkeit sowie auszehrungsbedingtem Gewichtsverlust bei Aids oder Krebs bewährt.
Neu ist auch die Erkenntnis, dass Cannabinoide bei der rheumatoiden Arthritis eine zusätzliche schmerzlindernde Wirkung ausüben können.
Als Fertigarzneimittel gebe es THC derzeit noch nicht. Ein deutsches Pharmaunternehmen arbeite aber gerade daran. Ehe dieses Produkt auf dem Markt sein wird werde es allerdings noch ein bis zwei Jahre dauern.
Die meisten klinischen Daten über die Wirkungen liegen derzeit für Multiple Sklerose vor. Bei einer großen britischen Studie konnte im Vergleich zu Placebo eine signifikante subjektive, jedoch nicht objektivierbare Reduktion der Spastik unter dem Cannabisextrakt festgestellt werden. Zudem wurde bei den Patienten eine objektivierbare funktionelle und eine deutliche subjektive Verbesserung festgestellt. In weiteren kleineren Studien konnte festgestellt werden, dass es zu einer Verbesserung von Spastik, Blasenfunktion und Lebensqualität sowie zu einer deutlichen Reduktion von MS-assoziierten neuropathischen Schmerzen kam!