Warum altert unser Organismus?


Ist es die Konzentration an freien Radikalen, die unsere Körperzellen "rosten" lässt oder sind die Telomere schuld, die als Art "Schutzkappe" die Enden der Chromosomen schützen sollen?
Auf jeden Fall ist die Alterung ein komplexer Prozess, an dem noch dazu viele exogene Faktoren wie individuellen Anlagen und Umweltbedingungen beteiligt sind und die Konzentration auf nur einen Schwerpunkt bringt die Altersforschung nicht weiter.

Genforscher haben herausgefunden, daß die Enden aller Chromosomen des Menschen 250 bis 1500 mal die Basenfolge "TTAGGG", die Telomere, aufweisen , deren Länge sich bei den verschiedenen Zelltypen unterscheidet.
Die Enzyme, die für die Verdoppelung der DNS bei der Zellteilung verantwortlich sind, lassen aufgrund ihrer chemischen Struktur beim Kopieren an den Enden der neuen DNS-Stränge einige der Nucleotide weg. Das hätte zur Folge, daß bei jeder Zellteilung einige Gene verlorengehen und schon bei den ersten Teilungen schadhafte Zellen entstehen würden, denen ein Teil des Erbmaterials dann fehlt. Vor diesem schnellen Verlust an Erbinformationen werden unsere Zellen durch das Vorhandensein der Telomere geschützt.
Aber: Bei jeder Zellteilung verkürzen sich die Telomere, da sie nicht mitkopiert und damit verloren gehen. Auf diese Weise verkürzen sich die Telomere leider unaufhaltsam, bis die DNA ungeschützt vorliegt. Mit zunehmender Telomerverkürzung verändert die Zelle ihr Muster der Genaktivierung, verlangsamt ihre Teilungsrate, stellt die Teilung dann völlig ein und stirbt schließlich ab.

Nur das Enzym Telomerase ist in der Lage, vor der Replikation der DNA, dem Strang einige Bausteine hinzuzufügen, die anstelle der Telomere bei der Zellteilung verlorengehen. Die Zellalterung und der Zelltod werden damit also aufgehalten. Die Telomeraseaktivität bewirkt, daß sich die Zellen unbegrenzt teilen können.
Nachweisbare Mengen an Telomerase finden sich im menschlichen Körper ausschließlich in Zellen, die sich dauerhaft erneuern müssen, wie Haut- und Schleimhautzellen sowie leider auch Krebszellen. Das Enzym fördert das Tumorwachstum, indem es die Zellalterung verhindert und dem natürlichen Absterben der Zelle entgegenwirkt.
Auf der einen Seite hofft nun die Forschung, die Telomeraseaktivität in Tumorzellen (sofern vorhanden) ausschalten zu können um keine weitern Tumorzellen zu produzieren, andererseits aber Telomerase in Körperzellen in dem Maße aktivieren zu können, so daß das Altern verhindert wird, aber auch keine neuen Tumorzellen entstehen können. Vielleicht werden diese heute noch unmöglich erscheinenden Aussichten in weiter Zukunft Wirklichkeit.

Weiters setzen den Zellen die sogenannten freien Radikale zu, die Zellstrukturen und Eiweißmoleküle
zerstören. Dagegen setzt man schon lange Antioxidantien ein, die im Körper als Radikalfänger wirken.

Zu den natürlichen Antioxidantien gehören beispielsweise die Vitamine A, C, E oder Selen. Besonders gute Lieferanten für Antioxidantien sind Obst und Gemüse wie z. B. Tomaten, Weintrauben oder Avocados. Antioxidantien werden inzwischen auch in vielen Kosmetikprodukten eingesetzt, da sie dazu beitragen können, den Hautalterungsprozess zu verlangsamen.Sogar in Lebensmitteln kommen Antioxidantien zum Einsatz, weil sie Reaktionen mit Luftsauerstoff - wie z. B. das Ranzigwerden - verhindern.
Doch Max-Planck-Forscher halten dagegen: Die Alterung eines Organismus hängt vor allem von der Stabilität des Stoffwechsels ab und nicht von einem Anstieg freier Radikale in der Zelle. Entscheidend ist vielmehr die Fähigkeit des Organismus, ausgewogene und stabile Konzentrationen an freien Radikalen und anderen Stoffwechselprodukten aufrecht zu erhalten.
Im Tierversuch mit Mäusen hat sich gezeigt, dass sich Aktivität und Regulation von Genen mit zunehmenden Alter der Tiere verändern: Der Stoffwechsel verlangsamt sich im Alter.
So sinkt bei älteren Mäusen die Aktivität derjenigen Gen-Netzwerke, die an der Verstoffwechselung der Nahrungsbestandteile beziehungsweise der Produktion von Energie für die Zellen beteiligt sind. Dagegen stieg die Aktivität der Netzwerke oder Genverbünde, die für die homöostatische Kontrolle der Produktion an freien Radikalen verantwortlich sind.

Diese Ergebnisse widersprechen der Annahme, dass allein die Zunahme an freien Radikalen für die klassischen Symptome der Alterung verantwortlich ist. Vielmehr gehen die Wissenschaftler davon aus, dass die Fähigkeit, ein gleichbleibendes Niveau an freien Radikalen aufrecht zu erhalten, das wichtigste Merkmal für das biologisches Alter einer Zelle ist.
Eine erhöhte Zufuhr von Antioxidantien bringt also dem Stoffwechsel nichts, da Vitamine und Co in höchster Dosierung durch den verlangsamten Stoffwechsel gar nicht verwertet werden können.Also viel hilft eben nicht viel!

Das bedeutet, dass man mit zunehmendem Alter seien Stoffwechsel ankurbeln muss:
Wissenschaftler des Stanford University um Dr. Eliza F. Chakravarty konnten nachweisen, dass regelmäßiges Laufen den Alterungsprozess verlangsamen kann.

Bei einer Zwischenauswertung nach 19 Jahren waren 34 Prozent der Nicht-Sportler verstorben, aber nur 15 Prozent der Läufer. Beide Gruppen sahen sich im Laufe der Jahre zunehmend mit Einschränkungen bei alltäglichen Aktivitäten konfrontiert, beispielweise bei der Fortbewegung, beim Ankleiden oder bei der Körperpflege. Doch machten sich diese Einschränkungen bei den Sportlern durchschnittlich 16 Jahre später bemerkbar.Die gesundheitlichen Vorteile der Jogger blieben auch nach dem 80. Geburtstag bestehen und nahmen mit steigendem Alter sogar zu. Das regelmäßige Training schlug sich nicht einmal in erhöhten Arthroseraten nieder.
Die Forscher führen ihre hochsignifikanten Resultate allerdings nicht allein auf das Ausdauertraining zurück, sondern messen auch dem insgesamt gesünderen Lebensstil der aktiven Probanden einige Bedeutung zu.

Ein weiteres effektives Mittel, den Alterungsprozess zu verzögern,ist es, die Energieaufnahme um 300 bis 500 kcal reduzieren. Diese Vermutung vertreten Forscher der St. Louis University nach einer kleinen Studie mit 44 Teilnehmern.
Dass Kalorienrestriktion bei Ratten und Mäusen Alterungsprozesse verlangsamt, ist schon länger bekannt. Als Ursache vermutet man eine verringerte Sekretion des Schilddrüsenhormons Trijodthyronin (T3), wodurch Metabolismus und Zellalterung gebremst würden.
Dass kalorienreduzierte Kost die T3-Produktion auch bei Menschen reduziert, konnte jetzt nachgewiesen werden. Dazu rekrutierten die Forscher 44 Männer und postmenopausale Frauen im Alter von 50 bis 60 Jahren -sämtlich Nichtraucher, normal- oder leicht übergewichtig -, die nicht an Herz-Kreislauf-, Lungen-, Stoffwechsel- oder malignen Erkrankungen litten.

Eine Jahr lang unterzogen sich 18 Teilnehmer einer kalorienreduzierten Diät (täglich 300 bis 500 kcal weniger). 17 Probanden nahmen durch körperliches Training ab, 9 bildeten die Kontrollgruppe. Die Trainingsgruppe sollte Aufschluss über die Frage geben, ob die sinkenden T3-Werte Folge der Kalorienrestriktion oder des Verlusts von Körperfett sind.
Die Probanden der Ernährungsgruppe verloren im Laufe der 12 Monate durchschnittlich 6,3 kg Fett, diejenigen der Trainingsgruppe 5,5 kg; der Unterschied war nicht signifikant. In der Kontrollgruppe war erwartungsgemäß keine nennenswerte Änderung zu registrieren. Aber:
nur Abnehmen durch Kalorienrestriktion sorgt für sinkende T3-Spiegel und nicht Abnehmen durch körperliches Training!

FACIT:
Versuche, den Alterungsprozess zu verlangsamen,sollten nicht darin bestehen, durch hohe Dosen von Antioxidantien Einfluss auf die Produktion der freien Radikale zu nehmen. Ziel sollte vielmehr sein, die Stoffwechsel-Netzwerke eines Organismus zu stabilisieren.
Eine Diät mit einem ausgewogenen Maß an ungesättigten Fettsäuren, Antioxidantien und Vitaminen, maßvoller Alkoholkonsum und körperliche Bewegung sind der beste Weg, um die Stabilität der Stoffwechselnetze zu erhalten und die natürlichen Alterungsprozesse des Körpers zu verlangsamen.