Alkohol und Krebs

Die Forschungsergebnisse von mehreren Jahrzehnten haben immer wieder gezeigt, dass Alkohol das Risiko für Magen-, Speiseröhren-, Leber-, Brust- und Dickdarmkrebs erhöht. Doch welche Rolle der Alkohol dabei spielt, war bisher nur Spekulation. Doch jetzt gelang es einer Gruppe von Wissenschaftlern des Medical Center der University of Mississippi erstmals ein Modell zu entwickeln, das den Einfluss des Alkohols auf das Tumorwachstum erklärt. Die Wissenschaftler konnten zeigen, dass Ethanol die Produktion eines Wachstumsfaktors vorantreibt, der die Entwicklung der Blutgefäße in Tumoren stimuliert.

In ihren Untersuchungen haben die Forscher Hühnerembryos, die mit Fibrosarkomen geimpft waren, entweder neun Tage lang mit einer Salzlösung oder mit physiologisch relevanten Niveaus von Ethanol( Alkohol) behandelt. Die Auswertung ergab, dass es bei den Ethanolembryos - im Vergleich zu der Kontrollgruppe mit Salzlösung - zu einem Anstieg der Tumorgröße, der Dichte der Tumorblutgefäße, der Infiltration der Blutgefäße mit Krebszellen und der VEGF-Niveaus (Gefäßendothelwachstumsfaktor) kam. Die Tumorgröße und die intratumorale Gefäßgröße hatten sich mehr als verdoppelt, die Invasion der Blutgefäße mit Krebszellen stieg auf etwa den achtfachen Wert im Vergleich zur Kontrollgruppe. Für die Wissenschaftler steht nun fest, dass das durch den Konsum alkoholischer Getränke zugeführte Ethanol einen wichtigen Mechanismus bei der Entstehung von Krebs unterstützt.

Jeder weiss heute, dass Alkohol  auch ein Nervengift ist, das nachhaltige Schäden auf unser zentralesNervensystem und sämtliche Stoffwechselfunktionen hat. Nicht zu vernachlässigen ist auch der volkswirtschaftliche Schaden, der durch Alkoholmissbrauch entsteht. Berechnungen der Freien Universität Berlin zufolge betragen die Kosten, die durch alkoholassoziierte Krankheiten verursacht werden, rund 20 Milliarden Euro pro Jahr . Rechnet man noch die Auswirkungen von Alkohol auf die Entstehung von Krebserkrankungen hinzu, so erhöht sich diese Summe um ein Vielfaches.

Ein Prinzip in der Krebstherapie ist es bis heute, den Tumor von der Blutversorgung möglichst abzuriegeln. Durch eine medikamentöse Behandlung wird dabei versucht, die lebenswichtige Versorgung mit Nährstoffen und Sauerstoff weitgehend zu unterbinden.

Jetzt gibt es einen neuen Ansatz:  Statt die Blutversorgung von Tumoren zu drosseln, wird die Blutzufuhr erhöht. Enthält das Blut tumorschädigende Medikamente, so sollte sich dadurch ein positiver Effekt im Kampf gegen den Krebs ergeben. Aber auch in Bezug auf die Strahlentherapie könnte dieses Prinzip vorteilhaft sein, denn je mehr Sauerstoff im Tumorgewebe vorhanden ist, desto intensiver ist die zellschädigende Wirkung der Strahlen.

Die verstärkte Durchblutung des Tumorgewebes erreichten die Wissenschaftler durch die Gabe eines bestimmten Proteins . Dieses Protein tritt in Konkurrenz mit dem Endothelin-1 (ET-1), das von einer Vielzahl von Tumorzellen gebildet wird und eine Verengung der Blutgefäße im Krebsgewebe verursacht. Die Verabreichung von diesem Protein fördert hingegen die Öffnung der Blutgefäße und verhindert somit die Wirkung von ET-1. Bisher wurde der Wirkstoff nur in Tierversuchen untersucht, aber die Experten sind sehr hoffnungsvoll, dass dieses Verfahren auch bei Krebspatienten in Kombination mit einer Chemo- oder Strahlentherapie zum Erfolg führt. Die Chancen, dass die Behandlung gut verträglich ist, sind außerdem hoch!